Jorinde und Joringel

Es war einmal ein altes Schloß mitten in einem großen dicken Wald, darinnen wohnte eine alte Frau ganz allein, das war eine Erzzauberin. Am Tage machte sie sich zur Katze oder zur Nachteule, des Abends aber wurde sie wieder ordentlich wie ein Mensch gestaltet. Sie konnte das Wild und die Vögel herbeilocken, und dann schlachtete sie, kochte und briet es. Wenn jemand auf hundert Schritte dem Schloß nahe kam, so mußte er stillestehen und konnte sich nicht von der Stelle bewegen, bis sie ihn lossprach; wenn aber eine keusche Jungfrau in diesen Kreis kam, so verwandelte sie dieselbe in einen Vogel und sperrte sie dann in einen Korb ein und trug den Korb in eine Kammer des Schlosses. Sie hatte wohl siebentausend solcher Körbe mit so raren Vögeln im Schlosse. Nun war einmal eine Jungfrau, die hieß Jorinde; sie war schöner als alle andere Mädchen. Die und dann ein gar schöner Jüngling namens Joringel hatten sich zusammen versprochen. Sie waren in den Brauttagen, und sie hatten ihr größtes Vergnügen eins am andern. Damit sie nun einsmalen vertraut zusammen reden könnten, gingen sie in den Wald spazieren. „Hüte dich,“ sagte Joringel, „daß du nicht so nahe ans Schloß kommst.“ Es war ein schöner Abend, die Sonne schien zwischen den Stämmen der Bäume hell ins dunkle Grün des Waldes, und die Turteltaube sang kläglich auf den alten Maibuchen. Jorinde weinte zuweilen, setzte sich hin im Sonnenschein und klagte: Joringel klagte auch. Sie waren so bestürzt, als wenn sie hätten sterben sollen; sie sahen sich um, waren irre und wußten nicht, wohin sie nach Hause gehen sollten. Noch halb stand die Sonne über dem Berg, und halb war sie unter. Joringel sah durchs Gebüsch und sah die alte Mauer des Schlosses nah bei sich; er erschrak und wurde todbang. Jorinde sang:

„Mein Vöglein mit dem Ringlein rot singt Leide, Leide, Leide: es singt dem Täubelein seinen Tod, singt Leide, Lei – zicküth, zicküth, zicküth.“

Joringel sah nach Jorinde. Jorinde war in eine Nachtigall verwandelt, die sang zicküth, zicküth. Eine Nachteule mit glühenden Augen flog dreimal um sie herum und schrie dreimal schu, hu, hu, hu. Joringel konnte sich nicht regen. Er stand da wie ein Stein, konnte nicht weinen, nicht reden, nicht Hand noch Fuß regen. Nun war die Sonne unter; die Eule flog in einen Strauch, und gleich darauf kam eine alte krumme Frau aus diesem hervor, gelb und mager: große rote Augen, krumme Nase, die mit der Spitze ans Kinn reichte. Sie murmelte, fing die Nachtigall und trug sie auf der Hand fort. Joringel konnte nichts sagen, nicht von der Stelle kommen; die Nachtigall war fort. Endlich kam das Weib wieder und sagte mit dumpfer Stimme: „Grüß dich, Zachiel, wenn’s Möndel ins Körbel scheint, bind lose Zachiel, zu guter Stund.“ Da wurde Joringel los. Er fiel vor dem Weib auf die Knie und bat, sie möchte ihm seine Jorinde wiedergeben, aber sie sagte, er sollte sie nie wiederhaben, und ging fort. Er rief, er weinte, er jammerte, aber alles umsonst. „Uu, was soll mir geschehen?“ Joringel ging fort und kam endlich in ein fremdes Dorf; da hütete er die Schafe lange Zeit. Oft ging er rund um das Schloß herum, aber nicht zu nahe dabei. Endlich träumte er einmal des Nachts, er fände eine blutrote Blume, in deren Mitte eine schöne große Perle war. Die Blume brach er ab, ging damit zum Schlosse: alles, was er mit der Blume berührte, ward von der Zauberei frei; auch träumte er, er hätte seine Jorinde dadurch wiederbekommen. Des Morgens, als er erwachte, fing er an, durch Berg und Tal zu suchen, ob er eine solche Blume fände; er suchte bis an den neunten Tag, da fand er die blutrote Blume am ‪Morgen früh‬. In der Mitte war ein großer Tautropfe, so groß wie die schönste Perle. Diese Blume trug er Tag und Nacht bis zum Schloß. Wie er auf hundert Schritt nahe bis zum Schloß kam, da ward er nicht fest, sondern ging fort bis ans Tor. Joringel freute sich hoch, berührte die Pforte mit der Blume, und sie sprang auf. Er ging hinein, durch den Hof, horchte, wo er die vielen Vögel vernähme; endlich hörte er’s. Er ging und fand den Saal, darauf war die Zauberin und fütterte die Vögel in den siebentausend Körben. Wie sie den Joringel sah, ward sie bös, sehr bös, schalt, spie Gift und Galle gegen ihn aus, aber sie konnte auf zwei Schritte nicht an ihn kommen. Er kehrte sich nicht an sie und ging, besah die Körbe mit den Vögeln; da waren aber viele hundert Nachtigallen, wie sollte er nun seine Jorinde wiederfinden? Indem er so zusah, [merkte er,] daß die Alte heimlich ein Körbchen mit einem Vogel wegnahm und damit nach der Türe ging. Flugs sprang er hinzu, berührte das Körbchen mit der Blume und auch das alte Weib – nun konnte sie nichts mehr zaubern, und Jorinde stand da, hatte ihn um den Hals gefaßt, so schön, wie sie ehemals war. Da machte er auch alle die andern Vögel wieder zu Jungfrauen, und da ging er mit seiner Jorinde nach Hause, und sie lebten lange vergnügt zusammen.

( Bild: Pixabay Text: Jorinde und Joringel Brüder Grimm)

 

der Fischer

22

Es war einmal an einem See ein Fischer, der hatte eine liebe, liebe Frau und Geld genug, allein er hatte keine Kinder, was ihm sehr leid tat.

Eines Tages ging er hinaus ans Ufer des bläulich-grünen Sees und senkte seine Angel hinunter ins Wasser und pfiff sein Liedchen dabei. Er hatte nicht lange geangelt, da biß ein so ungeheurer Fisch an, daß fast die Schnur abriß.

»Das ist einmal ein fetter Fang,« dachte sich der Fischer und schnellte das Seeungeheuer aufs Trockne heraus. Wie es so dalag, öffnete es sein Maul, fing an zu reden und sprach: »Du hast heute dein Glück in den Händen, wenn du das tust, was ich dir sage. Gib mein Mitterstück deiner Frau und sie wird dir drei Söhne gebären. Gib das Eingeweide deinem Pferde und es wird drei Fohlen dir bringen; den Kopf gib deinem Hunde und er wird drei Junge bekommen, und den Schweif endlich, den grabe im Garten in die Erde und dann werden drei Bäume aus dem Grunde wachsen und grünen und blühen, daß es eine Lust ist. Die drei Bäume werden dann mit den Söhnen, Fohlen und Hunden aufwachsen und wie diese gedeihen. Neigt sich aber einer von den Bäumen, so droht einem deiner Söhne ein Unglück, und wenn einer sich ganz senkt oder gar niederfällt, dann raubt der Tod einen deiner Söhne.«

So sprach der Fisch und blieb dann stumm wie jeder andere. Der Fischer war aber über seinen Zug und diese Kunde hoch erfreut, nahm den Fisch und trug ihn in sein Häuschen, das von Reben bis zum Giebel hinauf übergrünt war. Dort machte er es, wie’s der Fisch gesagt hatte. Er legte ihn auf die Anrichte, schnitt das noch zappelnde Tier auf, nahm das Eingeweide heraus, zerstückelte es und gab das Mitterstück seiner Frau, den Kopf seinem Hunde, das Eingeweide dem Pferde, und den Schweif trug er in den Garten hinaus und grub ihn dort ein.

Es stund nicht lange an und alles ging in schönster Ordnung in Erfüllung. Dem Fischer wurden drei Söhne geboren, die Stute brachte drei Fohlen auf die Welt, die Hündin warf drei schwarz und weiß gescheckte Junge und an der Stelle, wo das Schweiflein vergraben lag, keimten bald drei Pflänzchen, die immer höher und höher wuchsen, bis endlich drei Bäumchen ihre zarten Zweige in den Lüften hin und her wiegten.

Fischer und Fischerin, Söhne und Fohlen, Hündchen und Bäumchen befanden sich ganz wohl und gesund und der Segen des Himmels schien auf ihnen zu ruhen. Das ging lange, lange Zeit so fort.

Wie schon viele Jahre verstrichen waren und ein mal wieder der Frühling kam, fiel es plötzlich dem ältesten der Söhne ein, weiterzuwandern und die schöne Welt zu schauen.

Der alte Fischer hatte gegen dieses Vorhaben seines Sohnes nichts einzuwenden, gab ihm gute Ermahnungen und seinen Segen mit auf den Weg. Der Sohn nahm eines der drei jungen Pferde und einen jungen Hund mit sich und ritt von dannen.

Er war schon eine weite Strecke geritten, hatte manche Abenteuer bestanden und gesehen, daß die Welt kein Ochsenauge sei, als er tief, tief in einen wilden, pechfinstern Wald hineingeriet. Da hatten die dunklen Bäume gar seltsame Gestalten und Käuzlein und Uhu glotzten mit ihren großen, roten Augen gar so fürchterlich von den Föhren auf den schönen Reiter herab, daß es ihm ungeheuer wurde und er sich aus dem Gehölze in das Fischerhaus zurücksehnte. Wie er aber so fürbaß ritt und dem Rosse die Sporen einsetzte, um schneller aus dem unheimlichen Walde zu kommen, verfinsterte sich der Himmel, schwarze Wolken jagten wie losgelassene Hunde am Himmel hin und her und bläuliche Blitze zeichneten ihre Zickzacke auf den dunklen Hintergrund. Der Regen rauschte in Strömen nieder und dem Jüngling blieb nichts übrig, als nach allen Seiten zu spähen und ein Obdach zu suchen.

Er suchte noch nicht lange, da sah er eine Hütte am Wege stehen, stieg von seinem Rappen, band ihn an den nächsten Baum und trat in die Hütte. In dieser wohnte aber zum Unglück eine alte, alte Hexe, der im spitzigen Munde nur mehr ein Zahn wackelte, und wie sie den schönen Reitersmann sah, ging sie ihm entgegen und verwandelte ihn in einen Stein. Dann ging sie vor die Hütte und verzauberte auch das Pferd, daß es leb- und regungslos dastund wie ein Felsblock.

Das erste Bäumchen im Garten des Vaters, das am Morgen des Unglückstages noch frisch und grün war und dessen Zweige in dem Morgenwind sich gar lustig hin und her bewegten, neigte sich abends tief und ließ wie in stiller Trauer seine Zweige niederhangen. Am andern Morgen waren die Blätter gelb und fahl und das Bäumchen lag der Länge nach auf dem Boden dahingestreckt.

Wie die Fischersleute das Bäumchen in diesem Zustande sahen, dachten sie an die Worte des weissagenden Fisches und es ahnte ihnen nichts Gutes. Sie glaubten, daß der Erstgeborne gestorben sei, und weinten vom Abende bis zum Morgen und vom Morgen bis zum Abende wieder. Als aber der zweite Morgen hinter den Bergen aufstieg und der Morgennebel aus dem Tale wich, sattelte der zweite Sohn sein Pferd, empfing von seinen alten Eltern den Segen und machte sich auf den Weg, um den armen verlorenen Bruder zu suchen. Die Eltern sahen ihm vom Söller noch lange, lange nach, und wie sie ihn so in der Ferne verschwinden sahen, wurde es ihnen ums Herz so schwer, als ob ein Zentnerstein d’raufläge und sie den lieben Sohn nicht wieder sehen sollten.

Der zweite Sohn ritt aber schnell durch Feld und Au, daß der Staub aufflog und das Roß dampfte, denn er hatte keine Ruhe, ehe er seinen Bruder finden würde. Als aber die Sonne zur Rüste ging und ihre letzten goldenen Strahlen in das Tal sandte, kam er zum dunklen Forst, in dem die alte Hexe wohnte und sein Bruder versteinert war.

Er besann sich nicht lange und lenkte sein Roß in die finstere Waldung hinein. Er war noch nicht lange geritten, so verfinsterte sich der Himmel, die Nebel huschten wie Gespenster hin und wieder und ein entsetzlicher Regen schien heranzuziehen. Der Reiter setzte seinem Pferde die Sporen ein, daß es sich bäumte, und sprengte in wilder Eile weiter, denn er wollte ein Obdach vor dem Gewitter finden. Es dauerte nicht lange, so kam er zu einer Hütte und er schwang sich vom Pferde und trat in die Behausung. Diese war aber keine andere als die der alten Hexe, und als diese den schmucken Jüngling sah, verzauberte sie ihn und er stand neben seinem Bruder ebenfalls als Stein da.

Am Tage darauf, als es noch früher Morgen war, gingen der Fischer und seine Frau in den Garten, und da hatte sich auch das zweite Bäumchen über Nacht geneigt und als es Mittag war, hatte es sich ganz zur Erde gebeugt und die Blätter waren dürr und rostgelb wie die Eichenblätter im Winter. Den Eltern wurde aber gar traurig um das Herz und sie setzten sich neben dem Bäumchen auf die Rasenbank und hier weinten sie von Mittag bis Mitternacht und von Mitternacht bis wieder Mittag, und als der dritte Tag anbrach, waren ihre Augen noch nicht trocken.

Als aber der dritte Tag anbrach, hatte der jüngste der Brüder sein Pferd gesattelt und gezäumt und wollte von dannen reiten, um seine beiden Brüder zu suchen. Die Eltern wollten ihn aber nicht ziehen lassen, denn sie fürchteten das gleiche Los auch für den dritten, und dann hätten sie kein Kind und keinen Erben mehr gehabt. Er gab nicht nach und bat und flehte, bis er ihren Segen erhielt und ziehen durfte. Froh und kühn sprengte er vom Hause seiner Eltern weg und ritt und ritt, bis er zum Walde kam, in dem seine Brüder verzaubert stunden. Er sprengte auf dem Wege vorwärts in den Forst hinein und war guter Dinge. Da trübte sich plötzlich der Himmel, es wurde dunkel und dunkler und endlich rauschte der Regen in Strömen nieder. Der Fischersohn hätte wohl im Trocknen sein mögen, allein ihm kam es in diesem Walde so unheimlich vor, daß ihm der Boden unter dem Pferde zu brennen schien, und als er das einsame Häuschen sah, in dem die Hexe wohnte, wurde es ihm noch unheimlicher und er sprengte trotz alles Regens spornstreichs in die nächste Stadt.

Wie groß war aber sein Staunen, als er durchs Tor eingeritten war! Die Stadt, die von weitem so stolz und prächtig schien, war still und öde wie ein Grab und die Paläste hatten gar ein düsteres Aussehen, denn sie waren samt und sonders mit schwarzen Tüchern behängt. Und wie die Häuser sahen auch die Leute aus, sie schlichen schwarz gekleidet wie Gespenster durch die weiten, traurigen Straßen und Gassen.

Als der Fischersohn dies sah, war er anfangs verdutzt, doch bald erholte er sich vom ersten Staunen und dachte sich: »Was das Ding zu bedeuten hat, mußt du auch wissen.« Bald begegnete er einem Burschen, der so durch die Gasse einherschlenderte, und fragte ihn, warum die Häuser hier schwarz bekleidet seien.

Der Bursche sah den Fremdling mit großen Augen an und meinte, das sei doch kurios, daß ein Mensch kein Wörtchen vom Drachen wisse, der da oben auf dem Berge wohne. Als der Knabe sah, daß der Reiter sich nicht bloß unwissend stelle, sondern es wirklich sei, erzählte er weiter, daß man täglich dem Drachen einen Menschen vorwerfen müsse, um seinen Hunger zu stillen, und daß heute das Los die schöne Königs tochter getroffen habe. – »Da gibt es eine Gelegenheit, deinen Mut zu zeigen,« dachte sich der Fischersohn und ließ sich den Berg zeigen, wo der scheußliche Drache wohnte und auf seine Beute harrte. Er stieg nun mit Schwert und Lanze den schmalen Felssteig hinan, bis er zu einer alten, grauen Kapelle kam, bei der der siebenköpfige Drache seine Beute zur Mittagszeit holte. Bewaffnet wartete er auf das Untier und empfahl sich dem Schutze Gottes.

Als der Mittag angenaht war, wurde die schöne Königstochter herbeigeführt. Sie war gar traurig und trug ein schwarzes Kleid. Wie sie bei der Kapelle war, kniete sie nieder und betete und große Tränen kugelten über ihre feinen Wangen, denn es kam sie das Sterben gar zu schwer an.

Kaum hatte aber der siebenköpfige Drache sein Opfer entdeckt, so donnerte er auf die Prinzeß los und wollte sie verschlingen. Da schleuderte der Fischersohn seine Lanze auf das Untier und es sank blutend zu Boden und ringelte vor Schmerz sich zusammen. Er war aber nicht träge, eilte herbei, tötete das Untier mit dem Schwerte vollends und riß ihm aus jedem Rachen die Zunge heraus und nahm alle sieben zu sich. Die schöne Königstochter war nun befreit und weinte vor Freude. Sie fand nicht genug Worte, um ihrem Retter zu danken, und gab ihm ihren schwarzen Schleier zum Pfande. Er war darüber hoch erfreut und eilte von dannen, denn er dachte wieder an seine Brüder.

Indessen hatte es den Laternanzünder und den Nachtwächter gewundert, wie es etwa der Königstochter ergangen sei, und sie stiegen zur Kapelle hinan. Wie sie dort angekommen waren und die schöne Prinzeß lebend, den Drachen aber tot fanden, verabredeten sie sich untereinander und machten die Erlöste schwören, daß sie bei ihrem Vater den Laternanzünder als ihren Retter nennen wolle. Die Königstochter tat es, weil sie keine Ausflucht sah, und ging mit dem Laternanzünder in die Stadt und zu ihrem Vater.

Der alte König konnte sich vor Freude nicht fassen, als er seine liebe Tochter noch am Leben sah, und fiel bald ihr und bald dem Laternanzünder um den Hals, denn er glaubte, daß dieser der Erretter sei, weil er die sieben Köpfe des Drachen aufwies.

Der König wußte ihn nicht besser zu lohnen, als wenn er ihn zu seinem Eidame machen würde, und versprach ihm die Hand seiner Tochter. Allein die schöne Prinzeß hatte an diesem Bräutigam gar keine Freude, weil er nicht der rechte war, und war sinnend und traurig. Ihre roten Wangen wurden blässer und ihre Augen blickten nicht so freudig in die Welt wie sonst. Der alte König fragte wohl oft, was ihr fehlte. Allein sie schwieg und war nachdenkend, denn der Schwur lag ihr am Herzen und lähmte ihre Zunge. So verstrichen Wochen auf Wochen, der Tag der Hochzeit brach endlich an und der Laternanzünder sollte König werden.

»Wo war aber indessen der Fischersohn?« fragst du mich, mein Kind.

Nun, der war in den Wald, in dem die Hexe wohnte, zurückgeritten, denn er war ihm so unheimlich vorgekommen, daß er meinte, es müssen dort seine Brüder zugrunde gegangen sein. Er sprengte durch den düstern Föhrenwald, bis er zur Hexenhütte kam, und als er vor der Hütte die steinernen Pferde sah, die er das erstemal in der Eile übersehen hatte, dachte er sich: »Holla, da geht es nicht mit rechten Dingen zu,« und hielt sein Roß an. Er ließ nun die graue, meeralte Hexe herauskommen und drohte ihr, wenn sie ihm die zwei Brüder nicht herausgeben würde, mit dem Tode.

Die schlaue Alte wollte lange von den Brüdern nichts wissen und suchte allerlei Ausflüchte. Als sie aber sah, daß der Reiter das Schwert zog und puren Ernst machen wollte, zog sie ein Fläschchen aus ihrem Sacke hervor und gab es dem Fischersohn.

»Wenn du deine Brüder wieder haben willst, so befeuchte mit diesem Safte die Steine, die du hier siehst,« raunte die böse Alte und schwieg.

Der Fischersohn ließ sich das nicht zweimal sagen, befeuchtete die Steine und der Zauber war gelöst. Die zwei Brüder stunden samt Pferden und Hunden neben ihm und umarmten und küßten ihren Bruder und Retter. Alle drei Brüder waren hocherfreut, schwangen sich auf ihre Pferde und ritten zu den lieben Eltern zurück. Welche Freude diese hatten, als sie ihre drei Kinder wieder sahen, kann man sich vorstellen.

Vater, Mutter und alle drei Söhne waren schon einige Tage beisammen geblieben, da kam dem Jüngsten wieder die schöne Königstochter in den Sinn und es ließ ihn zu Hause nicht mehr stille sitzen. Er sattelte wieder sein Pferd, schwang sich auf dasselbe und ritt, wie sehr ihn auch die Eltern baten, zu Hause zu bleiben, dem Hexenwalde und der Königsstadt zu. Es begegnete ihm auf dem Wege nichts Mißgünstiges und er kam gesund und froh in der stolzen Stadt an. Was für Augen machte er aber, als er durch die schönen Gassen ritt und alle Häuser mit roten Teppichen behängt sah! Die Leute waren auch überall guter Dinge und sangen und tanzten und lachten in die Wette.

Darob neugierig, fragte er ein Mädchen, das ihm mit einer Kanne begegnete: »Was haben diese Festlichkeiten zu bedeuten?«

»Ja,« entgegnete sie, »die Königstochter hat heute Hochzeit mit dem Laternanzünder, der sie vom Tode befreit hat. Deshalb ist heute ein großes Fest in der Stadt und wir freuen uns mit ihr.«

»Da hab ich auch ein Wörtchen dreinzureden,« dachte sich der Fischersohn und ritt schnurstracks zur Königsburg, sprang dort vom Rosse und eilte die silberne Stiege hinauf zum Könige, dem er alles haarklein erzählte.

Der König sagte: »Du mußt dem Laternanzünder gegenüber beweisen, daß du den siebenköpfigen Drachen getötet hast. Bist du dieses zu tun imstande, so wird meine Tochter deine Braut und der andere kommt an den Galgen.« So sprach der König und führte den Fischersohn in ein gar prächtiges Zimmer, das vor Gold und Silber glänzte. Im Zimmer stand aber der stolze Bräutigam und neben ihm saß die traurige Braut, die ihn verächtlich ansah und nach dem Fremdling sich sehnte.

Als der alte König und der Fischersohn eingetreten, lächelte die Prinzeß freundlich, allein sagen durfte sie nichts von wegen des Schwures.

»Beweise,« sprach der König zum Laternanzünder, »daß du meine Tochter gerettet hast, denn dieser, der mir zur Seite steht, leugnet es.«

»Es wird wohl Zeugnis genug sein, daß die sieben Köpfe, die ich dem Drachen abgeschlagen, hier liegen,« antwortete stolz der falsche Bräutigam.

Da ging der Fischersohn hin, öffnete die sieben Drachenköpfe und sagte: »Es sind hier wohl die Köpfe, aber es fehlen die Zungen. Nun sprich du, Herr König! aus, wer von uns der Drachentöter sei. Ich habe die Zungen, dieser da die Köpfe ohne Zungen«.

»Der die Zungen besitzt, hat das Untier erlegt und soll mein Sohn sein,« entschied der alte König.

Der Fischersohn zeigte nun die Zungen und den schwarzen Schleier vor und wurde als der Drachentöter erkannt. Der Königstochter fiel nun der Stein vom Herzen und sie wurde noch in derselben Stunde mit dem stattlichen Ritter getraut. Der Laternanzünder wurde aber wegen seines Betruges noch am nämlichen Tage erhängt und hängt noch, denn er wurde noch nie herabgenommen.

( Bild: Pixabay Text: IGNAZ & JOSEF ZINGERLE )

Der Teufel mit den drei goldenen Haaren

Es war einmal eine arme Frau, die gebar ein Söhnlein, und weil es eine Glückshaut umhatte, als es zur Welt kam, so ward ihm geweissagt, es werde im vierzehnten Jahr die Tochter des Königs zur Frau haben.

Es trug sich zu, dass der König bald darauf ins Dorf kam, und niemand wusste, dass es der König war, und als er die Leute fragte, was es Neues gäbe, so antworteten sie: „Es ist in diesen Tagen ein Kind mit einer Glückshaut geboren: was so einer unternimmt, das schlägt ihm zum Glück aus. Es ist ihm auch vorausgesagt, in seinem vierzehnten Jahre solle er die Tochter des Königs zur Frau haben.“

Der König, der ein böses Herz hatte und über die Weissagung sich ärgerte, ging zu den Eltern, tat ganz freundlich und sagte: „Ihr armen Leute, überlasst mir euer Kind, ich will es versorgen.“ Anfangs weigerten sie sich, da aber der fremde Mann schweres Gold dafür bot und sie dachten: „Es ist ein Glückskind, es muss doch zu seinem Besten ausschlagen,“ so willigten sie endlich ein und gaben ihm das Kind.

Der König legte es in eine Schachtel und ritt damit weiter, bis er zu einem tiefen Wasser kam; da warf er die Schachtel hinein und dachte: „Von dem unerwarteten Freier habe ich meine Tochter geholfen.“

Die Schachtel aber ging nicht unter, sondern schwamm wie ein Schiffchen, und es drang auch kein Tröpfchen Wasser hinein. So schwamm sie bis zwei Meilen von des Königs Hauptstadt, wo eine Mühle war, an dessen Wehr sie hängen blieb. Ein Mahlbursche, der glücklicherweise da stand und sie bemerkte, zog sie mit einem Haken heran und meinte grosse Schätze zu finden, als er sie aber aufmachte, lag ein schöner Knabe darin, der ganz frisch und munter war. Er brachte ihn zu den Müllersleuten, und weil diese keine Kinder hatten, freuten sie sich und sprachen: „Gott hat es uns beschert.“ Sie pflegten den Findling wohl, und er wuchs in allen Tugenden heran.

Es trug sich zu, dass der König einmal bei einem Gewitter in die Mühle trat und die Müllersleute fragte, ob der grosse Junge ihr Sohn wäre. „Nein,“ antworteten sie, „es ist ein Findling, er ist vor vierzehn Jahren in einer Schachtel ans Wehr geschwommen, und der Mahlbursche hat ihn aus dem Wasser gezogen.“ Da merkte der König, dass es niemand anders als das Glückskind war, das er ins Wasser geworfen hatte, und sprach: „Ihr guten Leute, könnte der Junge nicht einen Brief an die Frau Königin bringen, ich will ihm zwei Goldstücke zum Lohn geben?“ – „Wie der Herr König gebietet,“ antworteten die Leute, und hiessen den Jungen sich bereit halten. Da schrieb der König einen Brief an die Königin, worin stand: „Sobald der Knabe mit diesem Schreiben angelangt ist, soll er getötet und begraben werden, und das alles soll geschehen sein, ehe ich zurückkomme.“

Der Knabe machte sich mit diesem Briefe auf den Weg, verirrte sich aber und kam abends in einen grossen Wald. In der Dunkelheit sah er ein kleines Licht, ging darauf zu und gelangte zu einem Häuschen. Als er hineintrat, sass eine alte Frau beim Feuer ganz allein. Sie erschrak, als sie den Knaben erblickte, und sprach: „Wo kommst du her und wo willst du hin?“ – „Ich komme von der Mühle,“ antwortete er, „und will zur Frau Königin, der ich einen Brief bringen soll; weil ich mich aber in dem Walde verirrt habe, so wollte ich hier gerne übernachten.“ – „Du armer Junge,“ sprach die Frau, „du bist in ein Räuberhaus geraten, und wenn sie heim kommen, so bringen sie dich um.“ – „Mag kommen, wer will,“ sagte der Junge, „ich fürchte mich nicht; ich bin aber so müde, dass ich nicht weiter kann,“ streckte sich auf eine Bank und schlief ein.

Bald hernach kamen die Räuber und fragten zornig, was da für ein fremder Knabe läge. „Ach,“ sagte die Alte, „es ist ein unschuldiges Kind, es hat sich im Walde verirrt, und ich habe ihn aus Barmherzigkeit aufgenommen: er soll einen Brief an die Frau Königin bringen.“ Die Räuber erbrachen den Brief und lasen ihn, und es stand darin, dass der Knabe sogleich, wie er ankäme, sollte ums Leben gebracht werden. Da empfanden die hartherzigen Räuber Mitleid, und der Anführer zerriss den Brief und schrieb einen andern, und es stand darin, sowie der Knabe ankäme, sollte er sogleich mit der Königstochter vermählt werden. Sie liessen ihn dann ruhig bis zum andern Morgen auf der Bank liegen, und als er aufgewacht war, gaben sie ihm den Brief und zeigten ihm den rechten Weg.

Die Königin aber, als sie den Brief empfangen und gelesen hatte, tat, wie darin stand, hiess ein prächtiges Hochzeitsfest anstellen, und die Königstochter ward mit dem Glückskind vermählt; und da der Jüngling schön und freundlich war, so lebte sie vergnügt und zufrieden mit ihm.

Nach einiger Zeit kam der König wieder in sein Schloss und sah, dass die Weissagung erfüllt und das Glückskind mit seiner Tochter vermählt war. „Wie ist das zugegangen?“ sprach er, „ich habe in meinem Brief einen ganz andere Befehl erteilt.“ Da reichte ihm die Königin den Brief und sagte, er möchte selbst sehen, was darin stände. Der König las den Brief und merkte wohl, dass er mit einem andern war vertauscht worden. Er fragte den Jüngling, wie es mit dem anvertrauten Briefe zugegangen wäre, warum er einen andern dafür gebracht hätte. „Ich weiss von nichts,“ antwortete er, „er muss mir in der Nacht vertauscht sein, als ich im Walde geschlafen habe.“

Voll Zorn sprach der König: „So leicht soll es dir nicht werden, wer meine Tochter haben will, der muss mir aus der Hölle drei goldene Haare von dem Haupt des Teufels holen; bringst du mir, was ich verlange, so sollst du meine Tochter behalten. “ Damit hoffte der König ihn auf immer los zu werden. Das Glückskind aber antwortete: „Die goldenen Haare will ich wohl holen, ich fürchte mich vor dem Teufel nicht.“

Darauf nahm er Abschied und begann seine Wanderschaft. Der Weg führte ihn zu einer grossen Stadt, wo ihn der Wächter an dem Tore ausfragte, was für ein Gewerbe er verstände und was er wüsste. „Ich weiss alles,“ antwortete das Glückskind. „So kannst du uns einen Gefallen tun,“ sagte der Wächter, „wenn du uns sagst, warum unser Marktbrunnen, aus dem sonst Wein quoll, trocken geworden ist, und nicht einmal mehr Wasser gibt.“ – „Das sollt ihr erfahren,“ antwortete er, „wartet nur, bis ich wiederkommen. Da ging er weiter und kam vor eine andere Stadt, da fragte der Torwächter wiederum, was für ein Gewerb er verstünde und was er wüsste. „Ich weiss alles,“ antwortete er. „So kannst du uns einen Gefallen tun und uns sagen, warum ein Baum in unserer Stadt, der sonst goldene Äpfel trug, jetzt nicht einmal Blätter hervortreibt.“ – „Das sollt ihr erfahren,“ antwortete er, „wartet nur, bis ich wiederkommen. Da ging er weiter, und kam an ein grosses Wasser, über das er hinüber musste. Der Fährmann fragte ihn, was er für ein Gewerbe verstände und was er wüsste. „Ich weiss alles,“ antwortete er. „So kannst du mir einen Gefallen tun,“ sprach der Fährmann, „und nur sagen, warum ich immer hin- und herfahren muss und niemals abgelöst werde.“ – „Das sollst du erfahren,“ antwortete er, „warte nur, bis ich wiederkomme.

Als er über das Wasser hinüber war, so fand er den Eingang zur Hölle. Es war schwarz und russig darin, und der Teufel war nicht zu Haus, aber seine Ellermutter sass da in einem breiten Sorgenstuhl. „Was willst du?“ sprach sie zu ihm, sah aber gar nicht so böse aus. „Ich wollte gerne drei goldene Haare von des Teufels Kopf,“ antwortete er, „sonst kann ich meine Frau nicht behalten.“ – „Das ist viel verlangt,“ sagte sie, „wenn der Teufel heim kommt und findet dich, so geht dir’s an den Kragen; aber du dauerst mich, ich will sehen, ob ich dir helfen kann.“ Sie verwandelte ihn in eine Ameise und sprach: „Kriech in meine Rockfalten, da bist du sicher.“ – „Ja,“ antwortete er, „das ist schon gut, aber drei Dinge möchte ich gerne noch wissen, warum ein Brunnen, aus dem sonst Wein quoll, trocken geworden ist, jetzt nicht einmal mehr Wasser gibt: warum ein Baum, der sonst goldene Äpfel trug, nicht einmal mehr Laub treibt: und warum ein Fährmann immer herüber- und hinüberfahren muss und nicht abgelöst wird.“ – „Das sind schwere Fragen,“ antwortete sie, „aber halte dich nur still und ruhig, und hab acht, was der Teufel spricht, wann ich ihm die drei goldenen Haare ausziehe.“

Als der Abend einbrach, kam der Teufel nach Haus. Kaum war er eingetreten, so merkte er, dass die Luft nicht rein war. „Ich rieche, rieche Menschenfleisch,“ sagte er, „es ist hier nicht richtig.“ Dann guckte er in alle Ecken und suchte, konnte aber nichts finden. Die Ellermutter schalt ihn aus: „Eben ist erst gekehrt,“ sprach sie, „und alles in Ordnung gebracht, nun wirfst du mir’s wieder untereinander; immer hast , du Menschenfleisch in der Nase! Setze dich nieder und iss dein Abendbrot.“ Als er gegessen und getrunken hatte, war er milde, legte der Ellermutter seinen Kopf in den Schoss und sagte, sie sollte ihn ein wenig lausen. Es dauerte nicht lange, so schlummerte er ein, blies und schnarchte. Da fasste die Alte ein goldenes Haar, riss es aus und legte es neben sich. „Autsch!“ schrie der Teufel, „was hast du vor?“

„Ich habe einen schweren Traum gehabt,“ antwortete die Ellermutter, „da hab ich dir in die Haare gefasst.“ – „Was hat dir denn geträumt?“ fragte der Teufel. „Mir hat geträumt, ein Marktbrunnen, aus dem sonst Wein quoll, sei versiegt, und es habe nicht einmal Wasser daraus quellen wollen, was ist wohl schuld daran?“ – „He, wenn sie’s wüssten!“ antwortete der Teufel, „es sitzt eine Kröte unter einem Stein im Brunnen, wenn sie die töten, so wird der Wein schon wieder fliessen.“

Die Ellermutter lauste ihn wieder, bis er einschlief und schnarchte, dass die Fenster zitterten. Da riss sie ihm das zweite Haar aus. „Hu! was machst du?“ schrie der Teufel zornig. „Nimm’s nicht übel,“ antwortete sie, „ich habe es im Traum getan.“ – „Was hat dir wieder geträumt?“ fragte er. „Mir hat geträumt, in einem Königreiche ständ ein Obstbaum, der hätte sonst goldene Äpfel getragen und wollte jetzt nicht einmal Laub treiben. Was war wohl die Ursache davon?“

„He, wenn sie’s wüssten!“ antwortete der Teufel, „an der Wurzel nagt eine Maus, wenn sie die töten, so wird er schon wieder goldene Äpfel tragen, nagt sie aber noch länger, so verdorrt der Baum gänzlich. Aber lass mich mit deinen Träumen in Ruhe, wenn du mich noch einmal im Schlafe störst, so kriegst du eine Ohrfeige.“ Die Ellermutter sprach ihn zu gut und lauste ihn wieder, bis er eingeschlafen war und schnarchte. Da fasste sie das dritte goldene Haar und riss es ihm aus. Der Teufel fuhr in die Höhe, schrie und wollte übel mit ihr wirtschaften, aber sie besänftigte ihn nochmals und sprach: „Wer kann für böse Träume!“

„Was hat dir denn geträumt?“ fragte er, und war doch neugierig. „Mir hat von einem Fährmann geträumt, der sich beklagte, dass er immer hin- und herfahren musste, und nicht abgelöst würde. Was ist wohl schuld?“ – „He, der Dummbart! “ antwortete der Teufel, „wenn einer kommt und will überfahren, so muss er ihm die Stange in die Hand geben, dann muss der andere überfahren, und er ist frei.“ Da die Ellermutter ihm die drei goldenen Haare ausgerissen hatte und die drei Fragen beantwortet waren, so liess sie den alten Drachen in Ruhe, und er schlief, bis der Tag anbrach. Als der Teufel wieder fortgezogen war, holte die Alte die Ameise aus der Rockfalte, und gab dem Glückskind die menschliche Gestalt zurück.

„Da hast du die drei goldenen Haare,“ sprach sie, „was der Teufel zu deinen drei Fragen gesagt hat, wirst du wohl gehört haben.“ – „Ja,“ antwortete er, „ich habe es gehört und will’s wohl behalten.“ – „So ist dir geholfen,“ sagte sie „und nun kannst du deiner Wege ziehen.“ Er bedankte sich bei der Alten für die Hilfe in der Not, verliess die Hölle und war vergnügt, dass ihm alles so wohl geglückt war. Als er zu dem ‚Fährmann kam, sollte er ihm die versprochene Antwort geben. „Fahr mich erst hinüber,“ sprach das Glückskind, „so will ich dir sagen, wie du erlöst wirst,“ und als er auf dem jenseitigen Ufer angelangt war, gab er ihm des Teufels Rat „wenn wieder einer kommt und will übergefahren sein, so gib ihm nur die Stange in die Hand.“

Er ging weiter und kam zu der Stadt, worin der unfruchtbare Baum stand, und wo der Wächter auch Antwort haben wollte. Da sagte er ihm, wie er vom Teufel gehört hatte, „tötet die Maus, die an seiner Wurzel nagt, so wird er wieder goldene Äpfel tragen.“ Da dankte ihm der Wächter und gab ihm zur Belohnung zwei mit Gold beladene Esel, die mussten ihm nachfolgen. Zuletzt kam er zu der Stadt, deren Brunnen versiegt war. Da sprach er zu dem Wächter, wie der Teufel gesprochen hatte: „Es sitzt eine Kröte im Brunnen unter einem Stein, die müsst ihr aufsuchen und töten, so wird er wieder reichlich Wein geben.“ Der Wächter dankte und gab ihm ebenfalls zwei mit Gold beladene Esel.

Endlich langte das Glückskind daheim bei seiner Frau an, die sich herzlich freute, als sie ihn wiedersah und hörte, wie wohl ihm alles gelungen war. Dem König brachte er, was er verlangt hatte, die drei goldenen Haare des Teufels, und als dieser die vier Esel mit dem Golde sah, ward er ganz vergnügt und sprach: „Nun sind alle Bedingungen erfüllt und du kannst meine Tochter behalten. Aber, lieber Schwiegersohn, sage mir doch, woher ist das viele Gold? Das sind ja gewaltige Schätze!“ – „Ich bin über einen Fluss gefahren,“ antwortete er, „und da habe ich es mitgenommen, es liegt dort statt des Sandes am Ufer.“ – „Kann ich mir auch davon holen?“ sprach der König und war ganz begierig.“ So viel Ihr nur wollt,“ antwortete er, „es ist ein Fährmann auf dem Fluss, von dem lasst Euch überfahren, so könnt Ihr drüben Eure Säcke füllen.“

Der habsüchtige König machte sich in aller Eile auf den Weg, und als er zu dem Fluss kam, so winkte er dem Fährmann, der sollte ihn übersetzen. Der Fährmann kam und hiess ihn einsteigen, und als sie an das jenseitige Ufer kamen, gab er ihm die Ruderstange in die Hand und sprang davon. Der König aber musste von nun an fahren zur Strafe für seine Sünden. „Fährt er wohl noch?“ – „Was denn? es wird ihm niemand die Stange abgenommen haben.“

( Bild: Pixabay Text: Gebrüder Grimm Der Teufel mit den drei goldenen Haaren